Kraftstoff sparen durch Wärmerückgewinnung

MAHLE hat eine Lösung entwickelt, um dem Verbrennungsmotor im Nutzfahrzeug zu mehr Effizienz zu verhelfen. Diese Lösung sorgt für mehr Möglichkeiten. Mehr Möglichkeiten, um gesetzliche Emissionsregulierungen zu erfüllen. Mehr Möglichkeiten, auch mit bestehenden Technologien eine bessere Mobilität zu gestalten. MAHLE hat es als Erster geschafft, all diese Möglichkeiten in eine kompakte Box zu packen: mit dem Waste-­Heat-Recovery-System. Damit ist die Zeit reif, die immensen Potenziale, die in der Nutzung der Abgaswärme von Verbrennungsmotoren liegen, auszuschöp­fen. Ein Blick auf eine ganz besondere Technologie, die einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leistet.

30%

beträgt die von der EU geforderte Senkung der CO2-Emissionen bis 2030 für schwere Nutzfahrzeuge der EU-Fahrzeugklassen 4, 5, 9, 10.

3,8 Mio.

ist die zu erwartende Zahl der Nutzfahrzeuge, die 2030 weltweit neu zugelassen werden.

80%

der Nutzfahrzeuge fahren 2030 noch mit einem Verbrennungsmotor.

HANNES MARLOK, WHR Projektleiter

Was haben der Dieselmotor und MAHLE gemeinsam? Beide sind eine Erfolgsgeschichte. Und bereits lange am Markt etabliert. MAHLE hat die Verbrennungsmotorentechnologie von Anfang an begleitet. Wenn also einer weiß, dass das Potenzial ­der Technologie noch nicht ausgeschöpft ist, dann MAHLE. Während das geforderte Einsparen von CO2 eine in Teilen unsachliche Debatte um den Verbrennungsmotor entfacht und lokal emissionsfreie Antriebstechnologien in den Vordergrund gerückt hat, hat MAHLE in alle Richtungen weiterentwickelt. Und dabei einen Weg gefunden, schon heute CO2 einzusparen – mit einer besonderen Technologie. Denn der Verbrennungsmotor wird weiter ein unverzichtbarer Teil des diversifizierten Antriebsmixes sein. Vor allem auf der Langstrecke im Nutzfahrzeugsegment – und dies bis weit nach 2030. Neben hybriden und rein elektrischen Antriebstechnologien leisten auch Neuentwicklungen rund um den Verbrennungsmotor einen wichtigen Beitrag zur Gesamtsumme der CO2-­Senkungen.

Waste Heat Recovery (WHR) hat das Potenzial, schon heute CO2 einzusparen – nicht erst in ferner Zukunft.

Berlin, Voltastraße. Der Name „MAHLE“ steht groß auf dem Lkw, der an einem kalten Dezembervormittag am Standort Berlin auf den Betriebshof einbiegt. Der Name des Erfinders der elektrischen Batterie im Straßennamen – Alessandro Volta – wirkt an diesem Tag wie ein Vorbote. Es geht heute um den Verbrennungsmotor, gleichzeitig geht es auch um elektrische Energie. Als der Lkw abdreht und zum Stehen kommt, blitzt eine rote Box unten am Fahrzeugrahmen direkt hinter der Fahrerkabine auf. „Boost Box“ ist darauf zu lesen. Das Wort „Boost“ steht für Schub oder Kraft. Aus dieser Box kommt die Kraft, denn darin arbeitet ein Waste-Heat-Recovery-System, das Wärme aus dem Abgasstrom in elektrische Energie umwandelt.

„Es ist keine unbekannte Technologie“, beginnt Hannes Marlok, Projektleiter im WHR-Team. „Aber es hat vor uns noch niemand geschafft, das Ganze serientauglich zu machen.“ MAHLE hat „das Ganze“ in eine kompakte Box mit 55 Zentimeter Breite

gepackt, ein perfekt aufeinander abgestimmtes System entwickelt und damit den Weg zur Serienproduktion geebnet. „Da geht in Zukunft aber noch mehr, denn die nächste Generation der Boost Box wird dann nochmals deutlich kleiner“, freut sich Projektleiter Marlok. Die Box sieht einfach aus. Doch an den Gesichtsausdrücken des WHR-Teams, das sich heute auf dem Betriebshof in Berlin versammelt hat, wird klar, dass hier etwas ganz Besonderes geschaffen wurde. „Die Waste-Heat-Recovery-Box spart bis zu fünf Prozent Kraftstoff ein und damit auch CO2“, erklärt Michael Hötger, Leiter am MAHLE Standort Berlin. Eine bekannte Technologie, und doch bringt sie erst MAHLE richtig in Fahrt. Der Grund ist simpel. „Kein Hersteller will das Risiko eingehen und die ganze Fahrzeugstruktur einfach ändern. Denn das kostet Geld, Zeit und verursacht Aufwand. Aber dieses Risiko haben wir mit der Box beseitigt. Jetzt kann jeder diese Technologie einfach und ohne großen Kon­struktionsaufwand testen“, erklärt Michael Hötger.

DIE CO2-RECHNUNG

Mit Auspuff ist schlecht? Ohne Auspuff ist gut? Wer unterschiedliche Antriebstechnologien miteinander vergleichen will, braucht verschiedene Blickwinkel, um das Potenzial zu erkennen.

1. Tank-to-Wheel – vom Tank zum Rad

Hier werden nur die CO2-Emis­sionen eines Fahrzeugs bilanziert, die während des Betriebs emittiert werden. Das Potenzial von zum Bei­spiel regenerativen Kraftstoffen wird nicht erfasst, die gegebenenfalls anfallenden CO2-Emissionen bei der Strom­produktion auch nicht – durch die Wahl der Bilanzgrenze nicht technologieneutral.

2. Well-to-Wheel – von der Quelle bis zum Rad

Hier werden in Ergänzung zu einer Tank-to-Wheel-Betrachtung auch die CO2-Emissionen bei der Kraftstoff- oder Stromproduktion mitbilanziert. Die Betrachtungs­weise geht in ­Richtung Technologie­neutralität, das Potenzial von regenerativen Kraftstoffen wird ebenso erfasst wie die gegebenenfalls anfallenden CO2-Emissionen bei der Stromproduktion.

3. Cradle-to-Grave – von der Wiege bis zur Bahre

Diese Betrachtung der CO2-Emi­s­sionen greift noch weiter als die unter Punkt 2 beschriebene: Sie beinhaltet zusätzlich die Fahrzeugproduktion sowie die Fahr­zeug­verwertung am Ende des Lebens­zyklus. Sie ist die aufwendigste Art der Bilanzierung, durch die ganz­heitliche Betrachtungsweise jedoch auch diejenige mit der höchsten Technologieneutralität.

Technologieneutralität ist wichtig, wenn es darum geht, die besten technischen Lösungen unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten herauszukristallisieren. Mit einer technologieneutralen Bilanzierung wird es auch bei einer weiteren Verschärfung der CO2-Grenzwerte weiterhin verschiedene Antriebsstränge am Markt geben: Der Kunde hat damit die Möglichkeit, die für seinen primären Anwendungszweck jeweils beste technische Lösung auszuwählen.

Die Frage ist nicht: Diesel, ja oder nein? Sondern: Wie und womit schaffen wir es, CO2 einzusparen?
Michael Hötger
Leiter am MAHLE Standort Berlin

Komponenten der WHR-Box

Aus Abgaswärme wird nutzbare Energie – so funktioniert das Waste-Heat-Recovery-System

  • 1 Abgasnachbehandlung
    Im Motor wird Kraftstoff in Bewegungsenergie umgesetzt. Ein guter Teil der im Kraftstoff gebundenen Energie jedoch wird in Form von Wärme über das Abgas abgeführt. Hier greift das Waste-Heat-Recovery-System. Anstatt Energie ungenutzt an die Umwelt abzugeben, wird diese nun effizient eingesetzt.
  • 2 Verdampfer
    Das heiße Abgas wird hinter der Abgasnachbehandlung durch den Verdampfer geleitet.
  • 3 Axial-Kolben-Expander
    Im Verdampfer verdampft das Abgas ein Arbeitsmedium, das einen Axial-Kolben-Expander antreibt.
  • 4 Generator
    Im Axial-Kolben-Expander wird Bewegungsenergie erzeugt, die einen Generator antreibt – Strom wird erzeugt.
  • 5 Kondensator
    Dann erfolgt die Verflüssigung des Abdampfes im Kondensator.
  • 6 Speisepumpe
    Die Flüssigkeit wird über die Speisepumpe unter Druck gesetzt und in den Verdampfer geleitet, trifft auf Wärme und wird erneut gasförmig. Damit schließt sich der Kreislauf.
  • 7 WHR-Box
    Die WHR-Box leitet den Strom in die Batterie.
  • 8 Batterie
    Energierückgewinnung: Bei Bergabfahrten und während des Bremsvorgangs wird Energie rückgewonnen, in der Batterie zwischengespeichert und steht bei Bedarf zur Verfügung.
  • 9 E-Motor
    Wann immer „extra Schub“ gebraucht wird, wird auf die gespeicherte Energie zugegriffen. Zum Beispiel wenn es den Berg hinaufgeht. Dadurch sinken der Kraftstoffverbrauch und damit der CO2-Ausstoß.
Wir setzen uns genau da dran, wo es um die Umwelt geht. Beim Thema Effizienz.
MICHAEL BUCHER
Produktexperte im WHR-Team

Denn auch bei der Vorentwicklung in Berlin hat das 25-köpfige Team immer eines im Blick: die Bedürfnisse des Kunden. Deshalb weiß das Team auch, was am Ende für ihn zählt: „Es ist wichtig, dass der Lkw rollt und rollt. Denn nur wenn er rollt, verdient er Geld für den Betreiber. Die WHR-Box lässt sich verhältnismäßig einfach in die Fahrzeugstruktur ­integrieren.“

Der Kunde und seine Bedürfnisse stehen bei MAHLE im Mittelpunkt. Eine einfache Maxime und doch gleichzeitig ein hoher Anspruch, der immer wieder ein Neudenken erfordert. So erinnert sich Michael Hötger an eine Zwischenetappe im Projekt: „Es gab einen Moment, da war uns klar: Wir haben zwar nun alle Einzelteile, jetzt denken wir das aber mal ganz anders. Wir überlegen neu und lassen alles weg, was wir nicht brauchen. Und wir packen die gesamte Technologie in eine Box.“ Das Ergebnis: Aus allen einzelnen MAHLE Komponenten wurde ein ganzheitliches, ideal aufeinander abgestimmtes System, das in einer Box perfekt zusammenarbeitet.

Ein Lkw. Eine Box. Und dann kann es auch schon losgehen. „Wir brauchen lediglich Abwärme ab 150 Grad, dann kann das WHR-System wirken. Nach eineinhalb bis zwei Jahren – was ein kurzer Zeit­raum ist, wenn wir an die Zukunft denken – hat sich die WHR-Box schon amortisiert. Für die Hersteller. Für den Spediteur. Und vor allem für die Umwelt.“ ­Hannes Marlok überträgt das in ein anschauliches Bild: „Sechs Tonnen CO2 pro Lkw spart man damit im Jahr ein.

Das entspricht dem CO2-Ausstoß von 0,6 Personen oder von knapp vier Pkw mit durchschnittlicher Fahrleistung. Wenn man mal überlegt, wie viele Kilometer so ein Fahrzeug zurücklegt und wie viel Kraftstoff verbraucht wird, sind fünf Prozent also ein sehr großer Hebel.“

Die WHR-Box von MAHLE stieß auf der IAA 2018 auf großes Interesse. „Das Feedback der Kunden zeigt uns, dass wir ein gutes Produkt haben, auf das der Markt gewartet hat“, erzählt Michael Bucher, Produktexperte im WHR-Team. „Einer unserer Kunden will die Box nun sogar selbst bauen. Auf der Suche nach Teilen ruft er also bei uns an. Wir fragen: Welche Komponenten sollen wir denn anbieten? Da lacht er nur und sagt: Alle!“

Während auf dem Hof in Berlin der raue Wind um den Lkw fegt, ist eine weitere WHR-Box zeitgleich in China bereits für erste Tests bei einem Kunden unterwegs. Zur Serienproduktion wird MAHLE bereichs-, standort- und länderübergreifend an einem Strang ziehen. Der Einsatz hat sich gelohnt und das Team freut sich über die positive Resonanz der WHR-Box. Hannes Marlok ergänzt: „Wie die Antriebe der Zukunft auf unseren Straßen aussehen werden, steht noch nicht fest. Aber wir bei MAHLE sind bereit. Und vor allem sind wir offen für alle technologischen Möglichkeiten, die eine Zukunft mit CO2-neutraler Mobilität möglich machen.“

Und dann wäre da noch ...

... eine Vielzahl an Produktlösungen, Projekten und Initiativen, die wir 2018 geliefert, initiiert und vorangetrieben haben. Eine kleine Auswahl.

DAS MAHLE ÖLMANAGEMENT-MODUL

Das Ölmanagement-Modul für Fahrzeuge mit elektrischen Antrieben ermöglicht die Kühlung mehrerer Komponenten: des E-Antriebsmotors, des Getriebes bzw. der ölgekühlten Batterie oder auch der Leistungselektronik. Durch die Integra­tion der Funktionen Kühlung, Filtration und Ölförderung in einem kom­pakten Modul ergeben sich weitere Vorteile: Gewichts­reduktion, geringerer Druckverlust und Reduktion der Schnittstellen und damit des Montageaufwands gegenüber Ein­zelkomponenten, optimale Bauraumnutzung und ein optimiertes Thermomanagement.

DAS VARIABLE VENTILTRIEBSYSTEM

Um den Verbrennungsmotor im Nutzfahrzeug noch effizienter zu machen, hat MAHLE das so­genannte Shifting Roller System entwickelt, mit dem sich die Motorsteuerzeiten an die Bedürfnisse unterschiedlicher Motorbetriebszustände anpassen lassen. Damit integriert MAHLE entscheidende Funktionalitäten wie die Motorbremse in den Ventil­trieb, ermöglicht besonders effiziente Betriebs­modi wie den Miller­-Atkinson-Zyklus und erlaubt die Steuerung der Abgas­temperatur. Das ermöglicht unter Umständen den Verzicht auf einen teuren sogenannten Retarder als Betriebsbremse, verringert den Verbrauch und optimiert die Abgasnachbehandlung – dies wiederum führt zu geringeren Emissionen.